Der Bundesrat hat gelogen


    Die Stimme der KMU und der Wirtschaft


    (Bild: zVg) Henrique Schneider

    40 Franken pro Haushalt und Jahr. So viel hätte die Energiestrategie 2050 kosten sollen. Das versprach der Bundesrat im Jahr 2017. Diese Zahl war schon damals eine Lüge.

    Es ist nicht so lange her: Bundesrat und Parlament sangen in Engelszungen von den Vorzügen der Vorlage. Solarzellen sollten scheinen und Windräder drehen. Das sollte nur 2,3 Rappen pro Kilowattstunde kosten und die Kernkraftwerke ablösen.

    Schon damals warnten einige. Ohne Kernkraft werde die Schweiz abhängiger von Europa. Der Bundesrat entgegnete mit seinem Slogan der «Versorgungssicherheit im europäischen Kontext.» Die Vorlage führe zu einem schmutzigeren Mix, da die Schweiz mehr Kohlestrom importieren würde. Das Parlament widersprach mit dem Versprechen, Deutschland werde den Kohlestrom ausschalten.

    Die grösste Partei warnte damals vor der Strompreisexplosion. Gar 3200 Franken pro Jahr werde ein vierköpfiger Haushalt zusätzlich für Strom blechen. Sie wurde ausgelacht. Die Medien taten, was sie immer tun, wenn missliebige Positionen kundgetan werden. Sie hetzten.

    Energiestrategie hat versagt
    Heute, nur sechs Jahre später, lässt sich feststellen: Die 40 Franken waren eine Lüge. Aber mehr noch: Die Energiestrategie hat versagt. Wir haben heute weniger Stromproduktions-Kapazitäten in der Schweiz. Wir müssen, wie ein Drittweltland, die Bevölkerung zum Verzicht auf Strom im Winter aufrufen. Und die Strompreise gehen durch die Decke.

    Der Bundesrat hat es auch eingestanden. Die Energiestrategie 2050 ist kaputt. Deswegen lancierte die hohe Behörde den sogenannten Mantelerlass, oder das «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien.» Es soll die wichtigsten Löcher der Energiestrategie stopfen. Ob es gelingt, das werden wir sehen. Der Erlass wird nämlich noch im Parlament beraten.

    Was wir aber heute schon wissen: Die Reparatur der missglückten Energiestrategie 2050 wird den Strompreis noch mehr antreiben. Denn die Subventionen werden nochmals erhöht und verlängert. Diese werden bedingungslos ausbezahlt. Stromwerke haben in der Schweiz bekanntlich ein Anrecht auf bedingungslosen Grundgewinn.

    Ich höre schon die Bundesrats-Enthusiasten: Die hohe Behörde kann doch nichts für den Krieg in der Ukraine. Die Siebener-Runde ist auch nicht für die deutsche Energiewende verantwortlich. Beides ist falsch. Wer die Versorgung der Schweiz bewusst in den «europäischen Kontext» stellt, muss auch eine Risikoanalyse machen. Und wenn die Sieben nur eine Schönwetterstrategie entwickeln, dann tragen sie sehr wohl die Schuld für ihr Versagen.

    Versager tragen Verantwortung
    Was bringt eine Schuldzuweisung heute? Sehr viel! Um die Probleme zu lösen, muss man eine klare Analyse der Ausgangslage machen. Dazu gehört, die Verantwortlichen zu identifizieren und sie zur Rechenschaft zu bringen. Denn damit mindern wir das Risiko, den gleichen Fehler ein zweites Mal zu machen.

    Und wie sieht der konstruktive Teil der Lösung aus? Zunächst muss es einen Ausbau aller Strom-Produktionskapazitäten geben. Das bedeutet ganz konkret, dass ihr Bau vereinfacht werden soll. Fertig mit Bewilligungspflicht. Schluss mit Einsprachen. Her mit dem Strom.

    Dann muss das hirnrissige Kernenergieverbot aufgehoben werden. Weltweit wird diese Technologie als klimafreundlich eingestuft. Die Schweiz bockt.

    Und dann müssen wir die Existenzberechtigung der über 600 Stromversorger überdenken. Jeder hat seine eigene Verwaltung, seinen eigenen Verwaltungsrat aber nur eingeschränkte Möglichkeiten in der Beschaffung und der Produktion. Die allermeisten werden nur durch Subventionen am Leben gehalten. Sie halten sich an die Devise: Gewinne privatisieren, Verluste dem Staat überwälzen. Wollen wir uns diese teuren Unnütze leisten?

    Das Wichtigste an diesem Weg ist aber der erste Schritt. Dieser besteht aus dem kritischen Umgang mit den Informationen, die aus dem Bundeshaus kommen. Die stimmen meistens nicht. Und genau deswegen muss man den Mut haben, nein zu sagen. Nein zur Abzocke und nein zur Lüge.


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    Zur Person:
    Henrique Schneider ist Verleger der «Umwelt Zeitung». Der ausgebildete Ökonom befasst sich mit Umwelt und Energie aber auch mit Wirtschafts- und internationaler Politik.

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