Im September ist in der Schweiz Aufräumen angesagt. Es finden die nationalen Clean-Up-Days statt, die auf das Problem des Litterings aufmerksam machen und die Bevölkerung zum korrekten Entsorgen des Abfalls sensibilisieren wollen. Weil Abfall in Wiesen und Feldern den Bauernfamilien immer mehr Sorgen bereitet, hat auch die Landwirtschaft am Aktionstag der Interessengemeinschaft saubere Umwelt mitgemacht und schritt zur Säuberungstat.
Gedankenlos weggeworfene Abfälle – das so genannte Littering – entlang von viel benutzten Strassen und Wegen machen den Bauernfamilien das Leben schwer. Sackweise müssen sie leere Getränke-, Essens- oder Zigarettenverpackungen zusammenlesen, bevor sie ihre Wiesen mähen oder ihre Felder ernten können. Das Einsammeln erfordert nicht nur viel Zeit, es kann sich auch zu einem erheblichen Kostenfaktor entwickeln. Harte Fremdkörper in Kulturen, die als Tierfutter oder Einstreu genutzt werden, gefährden die Tiergesundheit und machen die Maschinen kaputt. Obwohl in der Öffentlichkeit immer wieder auf die Problematik des Litterings hingewiesen wird, hat sich das Problem in den letzten Jahren zunehmend verschärft.
Der öffentliche Raum, aber auch die freie Natur, wird zum mobilen Raum. Viele Aktivitäten verlagern sich aus dem privaten Bereich in die Öffentlichkeit, wie beispielsweise am Mittag das Picknick auf der Parkbank oder am Abend das gemütliche Beisammensein am Seeufer. Ein weiterer Grund für das zunehmende Littering-Problem findet man in der geringen sozialen Kontrolle im öffentlichen Raum, das heisst, Anonymität erhöht die Wahrscheinlichkeit des Litterings. Ein Phänomen, das durch Gruppeneffekte verstärkt werden kann. Die persönliche Werthaltung trägt wesentlich zum Littering bei. Dinge, die einen Wert haben, werden nicht zurückgelassen und Orte, zu denen eine persönliche Verbindung besteht, werden weniger verschmutzt. Es wird auch nicht überall und zu jeder Zeit gleich viel gelittert. An lauen Sommernächten in Erholungszonen wird mehr gelittert als an Plätzen mit Durchgangscharakter. Kurz: Die Ursache liegt im Verhalten des Menschen.
Nationalrat will keine Litteringbussen
Genau deshalb lancierte der Schweizer Bauernverband (SBV) vor drei Jahren in Zusammenarbeit mit der Interessengemeinschaft saubere Umwelt (IGSU) eine Sensibilisierungskampagne mit verschiedenen Tafeln, einem Plakat und einer Minibroschüre zum Verhalten im ländlichen Raum. Zudem reichte SBV-Direktor und Nationalrat Jacques Bourgeois im März 2013 eine parlamentarische Initiative für eine nationale Grundlage für Litteringbussen ein, deren Umsetzungsvorschlag der Nationalrat diesen Juni unverständlicherweise ablehnte. Der SBV ist aber nach wie vor überzeugt, dass nur eine Gesetzesanpassung und Bussen helfen, das Unrechtbewusstsein in der Gesellschaft zu schärfen.
An den beiden nationalen Clean-Up-Days in diesem Monat engagierte sich die Landwirtschaft ebenfalls: In verschiedenen Kantonen führten kantonale Bauernverbände gezielt Aufräumaktionen durch. Auch der SBV, als Dachorganisation der Landwirtschaft, ging mit einer Mitarbeiterequipe unter der Federführung von Vize-Direktor Urs Schneider in der Region seines Standorts Brugg die Wiesen und Felder vom Abfall befreien. «Es ist eine Schande, wie viel Weggeworfenes wir innerhalb eines halben Tages entlang von vielbefahrenen Strassen sammeln konnten. Mehr Verantwortung und Vernunft sind gefragt. Ich habe auch kein Verständnis für den ablehnenden Bussenentscheid des Nationalrats und setze auf die Weitsicht der Kantone und Gemeinden, dass sie ihrerseits die Rechtsgrundlage anpassen.», so Schneider. Abfall stört – überall ausser im Abfalleimer! Diese Botschaft möchten die Bäuerinnen und Bauern mithelfen zu vermitteln.
Walter Ryser