«Grosse Chance für den Detailhandel»

    Am Wochenende wird im Kanton Bern an der Urne entschieden, ob der Detailhandel künftig an zwei weiteren Sonntagen öffnen darf. Ein Blick über die Kantonsgrenze zeigt, dass diese Entwicklung positiv ist und Dörfer und Innenstände so an Attraktivität gewinnen und lokale KMU gestärkt werden. Peter Frei, Präsident Stadtvereinigung Langenthal, ist zuversichtlich, dass die Berner Stimmberechtigten diese Chance für das lokale Gewerbe sehen und am 7. März 2021 auch ergreifen und der Gesetzesänderung zustimmen.

    (Bild: zVg) Peter Frei, Präsident Stadtvereinigung Langenthal, ist zuversichtlich, dass die Gesetzesänderung am 7. März angenommen wird.

    Am nächsten Wochenende stimmt der Berner Souverän über eine Änderung des kantonalen Gesetzes über Handel und Gewerbe ab. Die Hauptvorlage sieht vor, dass Detailhandelsgeschäfte an vier Sonntagen pro Jahr öffnen dürfen. Wieso sind diese zusätzlichen Sonntagverkäufe eine Chance für den Detailhandel?
    Peter Frei: Bisher können wir an zwei Sonntagen pro Jahr unsere Geschäfte öffnen. Wir nutzen diese zwei bescheidenen Möglichkeiten primär in der Adventszeit. Die weiteren zwei Verkaufs-Sonntage würden uns Optionen und eben Chancen bieten: Wir könnten rund um lokale Feste und Anlässe in Langenthal die Läden offenhalten. Wenn wir 2021 als Beispiel nehmen: Im Juni finden die Schweizer Leichtathletikmeisterschaften in Langenthal statt. Es wäre ja möglich, dass am Meisterschaftssonntag die Läden offen sind. Das ist attraktiv für die Bevölkerung – und die Gastronomie würde auch profitieren.
    An solchen Anlässen wird regional eingekauft. Die Wertschöpfung bleibt hier in der Region, wir stärken die Wirtschaft und schützen so auch Arbeitsplätze – weit über den Verkauf hinaus. Es besteht zudem kein Obligatorium, die Läden zu öffnen. Ladenbesitzer können, müssen aber nicht öffnen – je nach Bedarf.

    Zusätzliche Sonntagsverkäufe kommen wie gerufen in der aktuellen Situation. Ein Zückerchen für das in der Coronakrise arg strapazierte Gewerbe?
    Selbstverständlich wird ein Ja zur Hauptvorlage Entlastung bringen. Gerade auch im Zusammenhang mit der Pandemie können wir hoch frequentierte Samstage durch offene Läden an Sonntagen entlasten. So kann das sogenannte Social Distancing besser eingehalten werden, respektive die Kunden können sich besser verteilen. Wir müssen aber auch an die Zeit nach Corona denken. Wenn kleinere Städte oder Dörfer lebendig und attraktiv bleiben, kaufen die Menschen auch gerne hier ein. Gewisse Einkäufe haben sich stark ins Internet verlagert. Hier wollen wir quasi als Gegenpol die Innenstädte mit zusätzlichen Sonntagsverkäufen attraktiver machen.

    Wieviel Umsatzsteigerung bringen diese zusätzlichen Sonntagsverkäufe dem lokalen Gewerbe?
    Eine Umsatzsteigerung steht nicht im Vordergrund, sondern die Attraktivität der kleineren Zentren. Aber klar, wenn die Läden an vier Sonntagen offenhalten dürfen, wird an diesen Tagen lokal eingekauft – nicht in Zürich oder im Baselbiet, wo bereits vier Verkaufssonntage bestehen. Das heisst, es werden auch lokal produzierte Produkte eingekauft. Das bringt dem Gewerbe definitiv mehr Umsatz.

    Besteht damit nicht die Gefahr, dass so allmählich der generelle Sonntagsverkauf schleichend via Hintertüre Einzug hält?
    Welche Hintertür? Die Anzahl der möglichen Sonntagsverkäufe ist auf eidgenössischer Ebene geregelt. Das Bundesgesetz sieht maximal vier Verkaufs-Sonntage vor, welche die Kantone bezeichnen können.

    Wie haben Sie bis jetzt den Abstimmungskampf erlebt?
    Ich finde es schade, dass die Gegnerschaft suggeriert, dass dann die Läden jeden Sonntag offen seien und das Personal zusätzliche Arbeitsstunden leisten müsse. Beides stimmt schlicht nicht: Es geht ja um genau vier Sonntage von 52 und die Wochenarbeitszeiten bleiben wie sie sind, nämlich meist 41 Stunden bei ein Vollzeit Anstellung. Wir sprechen definitiv lieber von Chancen, welche sich für Unternehmen aber auch für Mitarbeitende im Verkauf bieten. Es gibt viele Mitarbeitende, die an vier Sonntagen im Jahr arbeiten möchten und dann von einem gesetzlich fixierten Lohnzuschlag von 50 Prozent profitieren. Und übrigens – auch für Studentinnen und Studenten sind solche Sonntagsjobs interessant.

    (Bild: CR) Mehr Einkaufserlebnisse schaffen: Mit zwei weiteren Sonntagsverkäufen profitieren lokale Läden von mehr Kundschaft. Damit werden unter anderem wichtige Arbeitsplätze in der Region – hier auf dem Bild die Langenthaler Innenstadt – gesichert und geschaffen.

    Der Berner Grosse Rat hat dieser Gesetzesänderung grossmehrheitlich zugestimmt. Sehen das die Stimmberechtigten auch so, respektive rechnen Sie mit einer Annahme der Vorlage?
    Ja, wir rechnen mit einer Annahme.

    Ein breites Komitee setzt sich für mehr Verkaufs-Sonntage für das lokale Gewerbe ein. Wer steckt hinter diesem Komitee?
    Mich freut es sehr, dass so viele unterschiedliche Organisationen verschiedenster politischer Ausrichtung dabei sind. Im Komitee sind die City-Vereinigungen von Bern, Biel, Thun, Burgdorf und Langenthal, Wirtschaftsverbände und Parteien – Grünliberale, BDP, CVP, FDP und SVP. Darüber hinaus lokale, kantonale und nationale Politikerinnen und Politiker sowie weitere Persönlichkeiten.

    Wie handhaben andere Kantone den Sonntagsverkauf?
    Zehn Kantone in der Schweiz nutzen die Möglichkeit der vier Sonntage. In elf – darunter auch Bern – sind bisher zwei Sonntagsverkäufe erlaubt. Zürich hat sehr gute Erfahrungen gemacht mit vier Sonntagsverkäufen, die Innerschweizer Kantone übrigens auch. Die Entwicklung geht ganz klar Richtung vier Sonntage.

    www.hauptvorlage.ch

    Interview: Corinne Remund

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