«Völliger Unsinn und schade um jeden Franken!»

    Am 19. November entscheidet die Stadtberner Stimmbevölkerung über den Erwerb eines Grundstückes im Wert von rund 4 Millionen Franken im Westen Berns. Auf dem Grundstück im Untermatt-Quartier soll ein Spielplatz errichtet werden. Ein bürgerliches Komitee hat das Referendum dagegen ergriffen. Janosch Weyermann, Berner SVP-Stadtrat, erklärt, weshalb sich Bern bei leeren Staatskassen den «teuersten Spielplatz der Welt» nicht leisten kann.

    (Bild: zVg) Der SVP-Stadtrat Janosch Weyermann hofft am 19. November auf ein klares NEIN von der Stadtberner Bevölkerung zur umstrittenen Vorlage.

    Die Stadt Bern will das Grundstück an der Kreuzung Looslistrasse/Untermattweg dem Apothekerkonzern Galencia für rund 4 Millionen Franken abkaufen. Darüber stimmen die Stadtberner am 19. November ab. Sie haben mit einem überparteilichen Komitee das Referendum dagegen ergriffen. Wer gehört diesem Komitee an?
    Janosch Weyermann: Das Komitee setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der SVP, GLP und der Mitte zusammen. Erfreulicherweise hat auch die FDP Stadt Bern mittlerweile die Nein-Parole zu dieser Vorlage beschlossen. Die aus vier Parteien bestehende Allianz setzt sich in finanzpolitischen Anliegen immer häufiger zusammen, um gegen die rot-grüne Übermacht in der Stadt Bern anzukämpfen.

    Wie schnell haben Sie die 1’500 Unterschriften für das Referendum gesammelt oder anders gefragt: Wie ist die Stimmung der Stadtberner bezüglich dem Grundstückkauf, respektive geplanten Untermatt-Spielplatz?
    Die Unterschriftensammlung war ein regelrechter Selbstläufer. Die Leute haben das Referendum praktisch von sich aus unterschrieben und oft noch weitere Unterschriftenbogen für ihr Umfeld bestellt. Dies zeigt uns, dass ein grosser Teil der Stadtberner Stimmbevölkerung kein Verständnis mehr für die ungebremsten Ausgaben der Stadt Bern hat.

    Wieso sind Ihnen die Kosten von 3,52 Millionen für das Grundstück zu hoch?
    Der Stadtberner Gemeinderat sagt selber, dass es sich um ausserordentlich hohe Kosten für einen Spiel- und Begegnungsplatz handelt. Dies liegt vor allem daran, dass es sich beim entsprechenden Grundstück um teures Bauland handelt. Bauland ist jedoch dafür da, um Wohnraum zu realisieren und nicht, um darauf für weitere Millionen lediglich einen Spielplatz zu realisieren. Das widerspricht übrigens auch der städtischen Wohnstrategie, welche verdichtetes Bauen und mehr Wohnraum vorsieht.

    Rot-Grün will darauf einen Spielplatz errichten. Sie argumentieren, dass die Untermatt sehr kindereich sei und dringend einen Spielplatz benötigt, respektive einen Ort, an dem sich alle Menschen willkommen fühlen. Sie sehen das nicht so?
    Dieses Argument lasse ich nicht gelten, denn es gibt bereits heute verschiedene Spiel- und Freizeitmöglichkeiten in diesem Perimeter. Im Quartier gibt es zum Beispiel zwei Spielplätze, das naheliegende Freibad Weyermannshaus oder den Bremgartenwald.

    Sie argumentieren, dieses Projekt ist komplett unnötig. Wieso denn? Das Quartier ist geprägt von günstigem Wohnraum, gemischt mit Gewerbenutzung und die Wohnverhältnisse sind eng. Da eignet sich eine solche Fläche doch bestens als Quartierplatz, Treffpunkt und Naherholungszone?
    Das mag stimmen, jedoch wird sich in diesem Perimeter in den kommenden Jahren sehr viel verändern. Mit dem Entwicklungsschwerpunkt Ausserholligen/Weyermannshaus West werden in den nächsten paar Jahren im direkten Umfeld des besagten Grundstücks verschiedene Wohnmöglichkeiten realisiert. Zu diesen gehören auch unzählige Grünflächen und Spielplätze. Einer davon soll sogar direkt auf der gegenüberliegenden Parzelle realisiert werden. Das ist doch völliger Unsinn und schade um jeden Franken.

    (Bild: pixabay) Bürgerliches Komitee wehrt sich gegen ein solches «teures Geschenk» der verschuldeten Stadt Bern: Der Erwerb eines Grundstücks für den Bau eines Spielplatzes im Westen von Bern ist umstritten.

    Für Sie steht der Kauf im Widerspruch zur städtischen Wohnstrategie. Wie sieht denn diese Wohnstrategie aus? Zudem bleibt die Wohnzone bestehen und kann später fürs Wohnen genutzt werden!
    Dieses Argument wird von den Befürwortern immer wieder ins Feld gebracht. Jedoch ist es mehr als unwahrscheinlich, dass die Stadt Bern zuerst für teures Geld einen Spielplatz baut, diesen dann aber nach einigen Jahren wieder zurückbaut, um Wohnraum zu realisieren. Man stelle sich den Aufschrei im Quartier vor. Es wäre wohl ähnlich, wie damals als die Stadt das Lorrainebad an Private verpachten oder den Friedhof Bümpliz schliessen wollte.

    Was wäre denn Ihre Vorstellung, wie das Grundstück sinnvoll genutzt werden könnte?
    Das Grundstück soll beim jetzigen Eigentümer bleiben, damit dieser ein eigenes Projekt realisieren kann. Dieser baut auf der Nachbarparzelle übrigens in den nächsten paar Jahren 69 Wohnungen, welche später direkt vom Bau des Spielplatzes profitieren würden. Daher ist es unverständlich, weshalb der Investor nicht auch gleich den Bau des Spielplatzes übernimmt.

    Welches Gefühl haben Sie bezüglich der Abstimmung über die Vorlage am 19. November?
    Ich würde sagen das Rennen ist offen. Uns wird bei der Abstimmung sicher helfen, dass zeitgleich über ein tiefrotes Budget abgestimmt wird. Die Vergangenheit hat zudem gezeigt, dass finanzpolitische Vorlagen in der Stadt Bern nicht mehr so locker durchgewunken werden wie auch schon. Ich erinnere dabei gerne an die Abstimmung über die Velostation in der Welle 7, welche auf knapp 40 Prozent Nein-Anteil kam und das in der rot-grünen Stadt Bern.

    Interview: Corinne Remund

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